Ungarn - Estland 6:2 (1:1, 3:1, 2:0)

Qualifikation der Kontraste: während Deutschland sich bei zumindest ansatzweise frühlingshaften Temperaturen im spanischen Benidorm ein paar Sonnenstrahlen zwischen den Spielen abholen konnte und auf dem Weg zur Damen-WM in der Schweiz nominell mit Dänemark maximal einen ernstzunehmenden Gegner auf der Liste hatten, standen sich in Rakoniewice im Süden von Poznan mit Ungarn, Estland, Slowakei und dem Gastgeberland Polen gleich vier Teams im Kampf um die drei begehrten Tickets gegenüber denen man eine gewisse Spielstärke nachsagen konnte. Gleich die erste Partie des ersten Turniertages war dabei richtungsweisend, Ungarn traf am frühen Nachmittag des 2. Februars 2011 auf Estland - eine Partie, die bei der Damen-WM 2009 noch hochklassig und spannenden Sport aus dem Top-Level der B-Gruppe zu bieten hatte.
Die Partie begann eher verhalten. Ungarn schien zwar eine leichte Feldüberlegenheit an den Tag zu legen, die Estinnen strahlen aber bei ihren ersten Angriffen durchaus eine hohe Torgefahr aus. So war es letztlich auch nicht vollkommen überraschend oder unverdient, dass die Baltinnen in der 9. Minute in Führung gingen: Kristi Lööper traf allerdings fast von der Mittellinie in den langen Winkel - ganz unhaltbar sah der Ball für die ansonsten starke Borbala Teleki im ungarischen Tor dabei nicht aus. Doch einige Spieler des ungarischen Teams hatten gerade in dieser Saison Erfahrungen in ausländischen Ligen sammeln dürfen und konnten dies nun zum Vorteil für ihr Team einsetzen: Nicole Vertesi von den Burgdorf Wizards traf in der 12. Minute aus dem Slot, nachdem sie Vera Szarvas vom Flügel aus bedient hatte. Auch wenn Ungarn in Folge souveräner wirkte, Estland blieb gefährlich, letztlich wollte so auch bis zur Pause kein weiterer Treffer für eines der beiden Teams fallen.
Den ersten Eintrag im Spielbericht verzeichnete Berit Oll, als sie in der 23. Minute zu früh aus der Mauer lief, die Unterzahl blieb aber für Estland folgenlos. Alles andere als folgenlos blieb dann aber ein Konter der Ungarinnen in der 27. Minute, als Brigitta Radacsi den Ball auf Szarvas auflegte und diese genauso schön Vertesi schickte, wie dann auch die letztliche Torschützin die Torfrau Liina Uksik umkurvte - Ungarn ging erstmalig in Führung. Ungarn kontrollierte nun immer mehr die Partie und hatte auch bei einem Doppelschlag in der 31. und 32. Minute Glück, als zunächst Schweden-Legionärin Anna Harmat von der Mittellinie auf 3:1 erhöhte und dann Vivien Varadi der unglücklichen Uksik kurz darauf den Ball durch die sprichwörtlichen Hosenträger schob. Beim 4:2 für Estland eine gute Minute vor Schluss wurde Reti Väärt als Torschützin angegeben - aus meiner Position aus sah es aber eher danach aus, als habe eine ungarische Spielerin den Ball im Gefühl über die eigene Torlinie befördert. Letzlich zählte das Ergebnis - und das wirkte aus ungarischer Sicht nach 40 Minuten mit 4:2 schon etwas komfortabler.
Das Schlussdrittel begann mit einem Aufreger: zunächst holte sich Zsuzsanna Tilk in der 42. Minute ebenfalls eine Zeitstrafe für ein Abstandsvergehen ab - als dann eine Minute später Anna Harmat ihre Gegnerin beim Schuss checkte und somit eine Torchance verhinderte, hob sich der Arm der in manchen Situationen unsicher wirkenden Bartosz Burek und Wojciech Czarnecki erneut - was an sich keine falsche Entscheidung war, allerdings hielten die beiden Unparteiischen die vermeidlich nur ausgesprochene aufgeschobene Zeitstrafe für eine gute halbe Spielminute, bis Radacsi an den Ball kam und völlig verduzt sehen musste, wie die Herren in gelb plötzlich doch einen Penalty anzeigten - ein bitterer Regelfehler, der, wenn er spielentscheidend geworden wäre, sicherlich zu grossen Diskussionen geführt hätte. Zum Glück für vielleicht alle Beteiligten mag der Floorballgott aber keine Diskussionen und Elen Marunevits vergab den Strafschuss - die doppelte Überzahl, die sich in Folge ergab, blieb aus estnischer Sicht auch schmerzhaft ungenutzt. Nachdem die ersten Minuten des Drittels klar der zurückliegenden Mannschaft gehörten, wurde Ungarn wieder stärker und kontrollierter, letztlich sorgte dies dafür, dass die Zeit immer mehr verrann und Estland davonlief. Gerade als Estlands Coach Risto Lall einen Time-Out anzeigte, setzte sich Vertesi schön zentral durch und konnte nur noch mit einem Beinstellen gestoppt werden - der durchaus mögliche Strafschuss-Pfiff blieb zwar aus, eine in dieser Situation sehr schmerzliche Strafzeit kassierte aber Liina Luih. Auch wenn Estland bemüht war und sogar fast die komplette erste Minute der Strafzeit den Ball in der gegnerischen Hälfte kontrollierte, konnten sie die unorthodoxe, aber souveräne Teleki nicht mehr gefährden - vielmehr schloss Tilk zu einem Konter an, den sie in der 57. Minute auch verwandelte. Estland versuchte nun alles, spielte mit sechs Feldspielern und wirkte durchaus gefällig und gefährlich, an Teleki war an diesem Tag aber kein Vorbeikommen mehr. Szarvas konnte eine gute Minute vor Schluss vielmehr noch das sechste Tor für ihr Team mit einem Fernschuss ins leere Netz erzielen, damit war letztlich ein wichtiger ungarischer 6:2-Sieg unter Dach und Fach, der auf die kommenden Aufgaben etwas entspannter blicken lässt.


  Ungarn   Estland
18 Borbala Teleki (TW) 67 Liina Uksik (TW)
4 Dominika Aleksic (TW) 5 Riive Tamm (TW)
21 Enikö Karpati (TW) 3 Katrin Lall
2 Vivien Jetzin 4 Kati Loid
5 Judit Meszaros 6 Kristi Rickberg
6 Nora Susztak 7 Sirli Nellis
7 Nora Mayer 8 Elen Marunevits
8 Zsuzsanna Tilk 9 Mariliis Lepist
9 Nicole Vertesi 10 Kristi Lööper
10 Veronika Szarvas 11 Marii Kangur
12 Vivien Varadi 12 Berit Oll
14 Anna Harmat 13 Triin Pähn
15 Brigitta Radacsi 15 Jane Klavan
16 Fanny Sandorovszky 16 Reti Väärt
19 Reka Kovacs 18 Annika Raun
    19 Meelike Terasmaa
    21 Liina Luih
    22 Kati Kütisaar
    78 Savelin Sarnik
    87 Triin Voolaid